Bewerbungsgespräche in Israel

Ich bewerbe mich zur Zeit recht intensiv im heiligen Land wo Milch und Honig fließen. Dabei ist folgende Geschichte passiert. Bevor ich das Gespräch wiedergebe, muss ich aber erst den Hintergrund erklären:

Es ist mir noch nie passiert, dass das erste Bewerbungsgespräch tatsächlich stattgefunden hat. Die HR Tanten rufen einen an und vereinbaren einen Termin, den sie später möglichst kurzfristig mit dem Kommetar “excuse me for the short notice” absagen.

Ich bin nicht der einzige, dem das passiert, es scheint Teil einer übergeordneten Sinngebung oder vielleicht einfach eine Taktik zu sein. Ben meint, es handelt sich um eine Zermürbungstaktik. Da bin ich mir nicht so sicher, hat man das Prinzip nämlich einmal begriffen (freilich, ohne eine Erklärung dafür zu haben), stellt man sich einfach darauf ein.

Nun bekam ich gestern einen Anruf:

– Hallo ich bin XY von der Firma XX.

– Ja, Maxime spricht

– Du hattest einen Termin für ein Bewerbungsgespräch und bist nicht gekommen!

– Tja, äh das ist richtig. Aber wieso hätte ich denn kommen müssen, der erste Termin wird doch immer abgesagt.

– (sie war wohl wie vom Donner gerührt)

Ich sagte:

– ich muss Dir wohl nicht erklären, wie man einen Termin für ein Bewerbungsgespräch festlegt. Termin vereinbaren und den Termin dann kurzfristig mit dem Kommentar excuse me for the short notice absagen.

– stimmt, das hatte ich vergessen.

– macht nichts, können wir uns denn diese Woche noch treffen?

– äh, passt es Dir morgen gegen 15 Uhr?

– nein, da arbeite ich ja noch. Geht es auch abends?

– Ja, ich habe noch einen Termin um 17 Uhr frei.

– Gut, den nehme ich.

Diese Geschichte ist erstunken und erlogen.

PS: seit ich dieses Blogpost geschrieben habe, wurden kein Bewerbungsgespräche mehr abgesagt. Schlimmer noch, ich bekomme vor dem Termin einen Anruf, ob ich denn kommen würde.

mein neuer Kollege spricht kein English

Die Russen kommen. Mit Glasnost und Perestroika öffnete sich für viele russische Juden die Möglichkeit, Russland zu verlassen und ins Land, wo Milch und Honig fließt auszuwandern. Auf Milch und Honig warten Sie noch heute, aber das tun die meisten Israelis auch.

Ca. 1 Millionen Russen sind seit 1990 nach Israel eingewandert. Die israelische Bevölkerung ist durch die russische Einwanderungswelle um ca. 20 Prozent gewachsen. Es gab riesige Probleme die vielen Russen unterzubringen, die Hebräischkurse hoffnungslos überfüllt.

Aber darüber will ich gar nicht sprechen. Wichtiger ist mir gerade, dass viele der russischen Einwanderer kein English sprechen. English wird in Russland einfach nicht an der Schule gelehrt und so habe ich mich daran gewöhnt, mit russischen Israelis Hebräisch zu sprechen. Sofern ich sie denn treffe, was eher selten passiert. Es sei denn, ich bin gerade im Supermarkt. Ansonsten ist die Schnittmenge eher gering. Russen, die in jungen Jahren nach Israel eingewandert sind (bzw. sogar hier gebohren wurden), sprechen übrigens hervorragend English, es kommt immer ganz darauf an, in welchem Alter sie eingewandert sind.

Nun hatte mein Chef die großartige Idee, man könnte endlich auf dem russischen Markt aktiv werden und hat einen russischen Israeli eingestellt. Da ich für Content und Landesentwicklung zuständig bin, landen Neulinge erst einmal bei mir. Super, dass man Chef vorher geprüft hat, ob Leonid Englisch spricht.

Und er kann kein English. Also gibt es nur eine Sprache, in ich mich mit Leonid verständigen kann: Hebräisch. Und ich fand mich das erste Mal, seit ich in Israel bin damit beschäftigt, jemandem auf Hebräisch zu sagen, was er tun soll.

Irgendwie geht die Geschichte immer weiter, es passiert ständig etwas neues in diesem Land. Ständig stehe ich irgendwo auf dem Schlauch. Konversationen mit Ihm sehen etwas so aus:

Maxime (4:21 PM):

leonid, you need a Russian keyboard.

leonidos (4:22 PM):

למה אתה שואל ?

Maxime (4:23 PM):

its not a question, how do you want to write in Russian with out a keyboard.

leonidos (4:23 PM):

כן, אני צריך

עברית, אנגלית, רוסית

Maxime (4:24 PM):

do you know where to get one? It might be easier that you buy the keyboard and BOSS gives you the money for it…

leonidos (4:24 PM):

אני אבדוק את זה, בסדר

Maxime (4:25 PM):

thanks!

 

Leonid ist früher als ich nach Israel gekommen und hat früh Hebräisch gelernt. Trotzdem hat er noch diesen starken russischen Akzent. Schreiben kann er besser auf Hebräisch, als auf Englisch. Und verstehen würde er mich auf English, kann aber nicht auf English antworten. So reden wir eben Hebräisch und schreiben uns auf Hebräisch und English.

Es wird zum Alltag, sich im Sprachchaos zu befinden. Die meisten Israelis merken es gar nicht so, weil sie viel Hebräisch untereinander sprechen. Aber ich merke es. Ich merke, was die Einwanderer leisten müssen, wie viele Sprachen sie gleichzeitig sprechen und verstehen müssen.

Egal, manchmal langweile ich mich dennoch 🙂

Danke für die Blumen

Heute war ich mal wieder bei einem Bewerbungsgespräch. Die Firma Dmatek hat mich eingeladen. Die wussten zwar nicht genau, was sie mit mir wollen, aber mein CV hat ihnen wohl gefallen.

Ich war natürlich pünktlich und bekam den üblichen Fragebogen auszufüllen. Dabei unterhielt ich mich nett mit der Empfangsdame, die gar nicht damenhaft war. Ich stammelte dabei mein feinstes Hebräisch und bekam mal wieder Komplimente für Stammeln.

Ich setzte mich hin, füllte den hebräischen Fragebogen aus und ließ die Atmosphäre auf mich wirken. Die Empfangsdame rief die HR Tante an und fragte wo diese bliebe. Ach ja, mal wieder im Stau. Der Bewerber ist da, ja, sehr süß.

Ich war mal wieder wie vom Donner gerührt und schaute mit offenem Mund rüber. Sie hatte mich “hamud” genannt. Sie ignorierte das und telefonierte mit der anderen HR Tante. Ja, Maxime, hamud hörte ich nur.

Ich saß einfach nur da und füllte den Fragebogen weiter aus, soweit ich das auf Hebräisch konnte, lächelte dabei vor mich hin. Ich bin also hamud.

Danke für die Blumen!

Suchmaschinenoptimierer in Tel Aviv

Mein Chef ist 26 und ich zehn Jahre älter, das ist wohl schon bekannt. Er ist in einem gewissen Sinne genial. Er besitzt die Fähigkeit zu ignorieren und ist als Suchmaschinenoptimierer genial und absolut ausgekocht. Vermutlich ist er der beste Suchmaschinenoptimierer in Israel. Er ist aber zwischenmenschlich ein absoluter Vollidiot. Es macht Spaß, mit ihm zu arbeiten:

*Boss (04:14 PM) : **‎*
What about the language portals, the are not online.

*Maxime (04:29 PM) : **‎*
I placed them months ago.

*Boss (04:14 PM) : **‎*
that are not on or system

*‎**Boss (04:14 PM) : **‎*
no more?

*‎**Boss (04:25 PM) : **‎*
?

*‎**Maxime (04:26 PM) : **‎*
Der “Boss” erhält eine Liste der Portale, inklusive der sogenannten Site Ids (interne Kontrollnummer). Alles schön organisiert, wie es sich für einen deutschen Einwanderer gehört. Alle hatte ich bereits drei Monate zuvor ins System gestellt eingestellt, aber die HTML Abteilung ist mit dem hochladen nicht nachgekommen.

*‎**Boss (04:27 PM) : **‎*
ok, send me content, I’ll get it made in swedish also

*‎**Maxime (04:29 PM) : **‎*
yes, swedish is the only one thats missing. The fucking indian never did
it. But he did five languages. And I still have to upload the Arabic one.

*‎**Boss (04:29 PM) : **‎*
ok.. please upload so we can start building links

*‎**Maxime (04:29 PM) : **‎*
the arabic one?

*‎**Boss (04:29 PM) : **‎*
Send me now Email with swedish – getting it made.

*‎**Boss (04:29 PM) : **‎*
yuh

*‎**Maxime (04:29 PM) : **‎*
all the other ones are on the system, but waiting to be uploaded since months, you got that, right?

*‎**Maxime (04:30 PM) : **‎*
apart from swedish and arabic.

*‎**Boss (04:30 PM) : **‎*
yup.

*‎**Boss (04:30 PM) : **‎*
so for swedish, I’ll try to get it made now

*‎**Maxime (04:31 PM) : **‎*
thanks, placing it on the system isn’t that big of an issue, since its just swedish.
bulgarian and chinese where hell

*‎**Boss (04:32 PM) : **‎*
🙂

*‎**Boss (04:32 PM) : **‎*
sent me details?

*‎**Maxime (04:33 PM) : **‎*
so after three months, you are suddenly in a hurry?

🙂

*‎**Boss (04:33 PM) : **‎*
Wasn’t my task 😉

*‎**Boss (04:34 PM) : **‎*
but yes.. its always a hurry

*‎**Maxime (04:34 PM) : **‎*
I finished most of it months ago.

*‎**Boss (04:34 PM) : **‎*
its taking us much time. not pointing to anything when saying wasn’t my task

(DAS IST DEFINITIV DER BESTE!!!!!!!!!!!!!!!!!!!). Ich platziere den Content aber hochladen tut das die HTML Abteilung, die dafür Monate braucht!

*‎**Boss (04:34 PM) : **‎*
plus, ralph can build links to it

*‎**Boss (04:34 PM) : **‎*
so better to take action

*‎**Maxime (04:38 PM) : **‎*
sent you the template

*‎**Boss (04:38 PM) : **‎*
tnx

Hightec startup I

Ja, ich bin Suchmaschinenoptimierer. An der einen oder anderen Stelle ist es schon durchgekommen. Es ist, wie Oded sagt, ein comfy job. Ich sitze den ganzen Tag nur rum und tausche Links oder mache mal schnell zehn Webseiten. Am Fließband sozusagen. Mein Chef ist 10 Jahre jünger als ich und ein Controlfreak.

 Hier ein ICQ Gespräch zwischen meinem Chef und Ben. Zur Erklärung:  Um tausende Webseiten hochzuziehen braucht man natürlich viele Webhostings. Und der arme Einwanderer aus New York bestellt den ganzen Tag nur Hostings. Was nicht so einfach ist, weil wir bald mehr Webseiten haben, als es Webhostings auf der Welt gibt:

[17:43] Boss: You gotta get in shape.. Talk to Ilan, check how he used to do it. 50 hosting packages is not a big deal to order. it takes time to manage and not to make mistakes, but the order itself.. How can it take more than 20 minutes to order each?
[17:44] Angestellter II: ok, well it’s harder to find decent deals when we have a large amount of the recurring deals. i get asked to do little tasks by people pretty regularly, etc.
[
17:45] Boss: recurring deals?
[
17:46] Angestellter II: yea, the same hosting companies are repeated daily on the forums
[
17:46] Boss: but I sent you sites that has hundreds of hosting packages. if not more [only 50, btw]
[
17:48] Angestellter II: i checked through that. there were very few we could actually use
[
17:48] Boss: ok.. so share that info.
[
17:48] Boss: so we can do some thing
[
17:49] Angestellter II: i’m pretty sure i sent it to you let me chcek
[
17:50] Angestellter II: the email entitled ‘potential new english hostings’ sent 1/10 (Anmerkung: die mail hatte mein Kollege zwei Wochen vorher geschickt)
[
17:52] Boss: ok.. will make a list to check

Suchmaschinenkrieg

Nun ist es wohl passiert und ich kann mich auf eine heiße Woche gefasst machen. Wir haben auf dem deutschen Portal die Nummer 1 Position verloren, d.h. wir sind für google Suchen nur noch auf Platz Zwei für ein heiß umkämpftes Suchwort. Es hat mich ohnehin gewundert, dass wir so lange Nummer 1 waren, in den letzten Wochen habe ich mich auf ein anderes Portal konzentriert. Da das Portal einen großen Anteil des Profits für das Unternehmen ausmacht, wird mein Chef ziemlich toben.

Auf der anderen Seite ist er bis heute nicht bereit, mich vernünftig an dem Portal zu beteiligen und spricht von “Unternehmensvisionen” und von einem Team. Es ist immer schön zu hören, dass wir im Team arbeiten, aber die Probleme auf meinem Portal von mir gelöst werden müssen.

Es ist auch nett zu sehen, wie die Konkurenz arbeitet. Eine Gruppe von polnischen Spammern bietet Besucherzähler und andere Homepage plugins kostenlos zum download an. Was die Webmaster (von meist privaten Seiten) nicht sehen, ist dass der Besuchercounter einen unischtbaren Link auf das Portal der polnischen Spammer setzt. Mein Chef zuckt nur die Achseln und sagt: “welcome to reality”. Ich wusste auch vorher, dass das Realität ist, aber gegen solche Spammer mit einigermaßen normalen Mitteln anzukämpfen ist ziemlich schwierig. Der Linkaufbau geschied in einem gewissen Sinne automatisch.

Gut, ich sollte mich wohl dieses Wochenende ausruhen, denn es ist Action angesagt.

Arbeiten im Casino Tel Aviv

Gerade habe ich einen Artikel auf der Jerusalem Post gefunden, der meine Situation nicht besser beschreiben könnte. Es geht um Arbeiten in Israel. Einen guten Lebenslauf und nach der Einwanderung merkt man, dass die Türen zu Jobs verschlossen sind. Arbeiten in Israel wird zum Problem, wenn man nicht gerade Programmierer oder Physiker ist.

Es geht sogar Freunden von mir so, die auf recht hohem Niveau Hebräisch sprechen. Es reicht eben nicht um gegen Leute zu konkurrieren, die in Israel aufgewachsen sind. Man endet schließlich doch im Online Casino, wobei ich es noch besser getroffen habe – im Costumer Support bin ich zumindest nicht gelandet. Read more