Wann wird man heimisch?

3. Mai 2006, das ist das Datum, andem sich mein Leben völlig verändert hat. Morgens in Frankfurt in ein Flugzeug gesteigen und abends als Israeli in einem Heim für Neineinwanderer abgestiegen. Das Datum nähert sich bald zum 11. Mal und ich habe mit meiner Firma und meinen drei Kindern alle Hände voll zu tun.

Eine Frage schwirrt mir aber immer wieder im Kopf herum. Wann ist man eigentlich irgendwo zu Hause? Wenn man mit 36 alles hinter sich lässt und in einem Land außerhalb von Europa neu anfängt, die Sprache nicht berherrscht und sich hilflos fühlt – das führt zu Stress. Innerem Stress. Es dauert, bis man sich daran gewöhnt hat. Die Frage, die ich mir stelle ist, ob ich mich hier eines Tages wirklich zu Hause fühlen werde. Aber eigentlich fühle ich mich zu Hause. Wenn ich von einem Urlaub in Deutschland zurückkomme, dann freue ich mich, zurückzukommen. Also ist doch alles gut? Nun ja, nicht so ganz, aber ich lasse diese Diskussion mal hinter mir. Die Frage, die ich mir stattdessen stelle ist – wie habe ich mich verändert? Woran erkenne ich, dass ich schon 10 Jahre nicht mehr in Europa lebe?

Hier die Antworten:

  • Wenn man morgens Pita mit Marmelade statt Brot mit Marmelade isst, dann ist man schon ein großes Stück zu Hause.
  • Wenn man beim Schlange stehen möglichst dicht an die Leute vor einem rückt, damit sich niemand vordrängeln kann, ist man definitiv schon etwas mehr zu Hause hier.
  • Wenn es einem egal ist, dass man angebrüllt wird und emotionslos einfach zurückbrüllt, ist man ein gutes Stück angekommen.
  • Wenn man seinen Pass aus Europa vergessen hat und am Flughafen in der Schlange für EU Ausländer wartet, ist man definitiv ein Stück weiter zu Hause.
  • Wenn man man zu Tränen gerührt ist, weil der 16 Monate alter Sohn “Schokolade” sagt oder die anderen Kinder etwas in gebrochenem Deutsch sagen.
  • Wenn man sich beim Urlaub Deutschland über die lausige Qualität des Gemüses aufregt
  • Wenn einem bei praller Sonne und 19 Grad im Februar kalt ist, ist man noch mehr zu Hause.

Fällt noch jemandem etwas ein?

Judentum konvertieren

Hurra, ich habe das Judentum verstanden! Ich möchte zum liberalen oder von mir aus auch zum orthodoxen Judentum konvertieren und ich habe die Sache mit den Kühlschränken verstanden!

Für eine Konversion zum Judentum ist es essentiell, milchige und fleischige Nahrung strikt zu trennen. Ich musste mir eigens einen neuen Kühlschrank zulegen. Mein Rabbi wollte eigentlich auch meinen vorherigen Kühlschrank ablehnen, so musste ich ihn mit einigen Gebeten reinigen. Mein ehemals schweinischer Kühlschrank wurde enthusiastisches Beten ebenfalls konvertiert.

Diese Woche habe ich mein (jüdisches) Konversionsgespräch und ich habe mir schon alles genau überlegt. Wenn mein Rabbi mich fragt, wie ich mit der neuen Haushaltsführung (so) klarkomme, werde ich ihn überzeugen!

Ich werde ihm einfach erzählen, wie ich meine Sandwiches neuerdings zubereite. Ich muss zugeben, es war schon eine Umstellung. Das Belegen eines Sandwiches kostet mich neuerdings deutlich mehr Zeit als vorher.

Koscheres Sandwich:

Hier mein Rezept für ein koscheres Sandwich:

  • Man hole den Schinken (schöner mit Wachholderbeeren geräucherter Schinken – vom Schwein versteht sich) aus dem fleischigen Kühlschrank
  • Dann holt man den Gouda (schön mit Lab von Kälbern) aus dem milchen Kühlschrank
  • Ich bin fanatisch, daher habe ich auch einen Kühlschrank für neutrale Lebensmittel, indem ich Brot, Eier und Gemüse aufbewahre. Aus diesem Kühlschrank hole ich frisches Brot (am besten zu Pessach), Eier und Tomaten
  • Zunächst eine Scheibe Bort, dann den Käse gefolgt von dem Schinken und der Tomate. Die schließende Scheibe Brot bildet den Abschluss. Die Eier müssen natürlich auch drauf. Wahlweise kann man Mayonnaise und / oder Remoulade hinzufügen. Ich persönlich verzichte wegen meines Blutdrucks lieber darauf und verwende Schweineschmalz.

Guten Appetit und frohe Feiertage (bete avon w hag same’ach)!

Maxime Erbsman

Diesen Blogpost habe ich definitiv zu früh veröffentlicht. Das volle Potenzial wird mir gerade erst bewusst. Ich sollte ein Gewinnspiel daraus machen. Der Gewinner erhält ein Kilo Schlamm aus dem Toten Meer, von mir persönlich herausgefischt.  Es ist aber wohl zu spät dafür, der Post ist schon veröffentlicht. Aber leider ist mir noch nicht klar, wofür ich den Schlamm verlosen möchte.

Trotzdem möchte ich diesen Post nicht wieder entfernen:

Eben bin ich noch mal über meine Blogposts gegangen und muss sagen, dass es schon Schade ist, dass ich in der letzten Zeit so wenig blogge. Ich reihe mich jetzt einfach in die Reihe der Blogger ein, die sich im Januar 2010 mit einem Post zu Wort gemeldet haben: „im neuen Jahr wird alles anders und ich werde wieder häufiger bloggen“, was dann der einzige Post in 2010 bleibt.

Offensichtlich fehlt einfach die Zeit, aus was für Gründen auch immer. Einige Blogger wachsen einfach über ihren Blog hinaus und gründen schwupps eine SEO Firma. Für mich wäre es nichts, denn ich habe keine Geduld, Leuten zu erklären, warum google mich nicht nächsten Morgen besser rankt.

Und eben habe ich auf spiegel.de folgendes gelesen:

„Wenn ich eins über Hollywood gelernt habe, dann, dass man sofort laut ‘ja’ schreit, wann immer jemand fragt, ob man etwas kann.“
http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,719941,00.html

Man schreit in Hollywood laut, wenn man etwas haben möchte. In Israel geht es etwas anders zu. Man muss sagen, wenn man etwas haben möchte.  So schwer es immer noch für mich ist, eins habe ich gelernt: wenn ich etwas haben möchte, dann gehe ich hin und frage.

Ich bin auch auf ein „Nein“ vorbereitet. Manchmal sagen mir die Leute: „Nein, also das kostet eine Millionen“. Spinner eben…

Was sind denn nun mögliche Antworten auf meine Frage: „Ich will Deinen Blog kaufen?“, wenn man in anderen Ländern unterwegs ist?

1.
Das kostet eine Millionen
Ich antworte: „Shekel oder Dollar?“

2.
Ich habe sehr viel Zeit reingesteckt, mache aber kein Geld und dass ich kein Geld mache, sage ich Dir nicht.

Das ist die schwierigste Antwort. Wofür soll ich also bezahlen? Dein Lehrgeld?

3.
Andere sagen:  „Ja, aber das geht nicht zum normalen Preis“. Normale Israelis eben.

Dabei gibt es eine ganz einfache Regel: „je erfolgreicher das Geschäft“ umso häufiger trifft man Typ 3 an, auch wenn einige von ihnen keine Israelis sind :-). Man redet einfach man ihnen und kommt sich näher oder nicht. Macht man ein zu niedriges Angebot sagen sie: „Nee, also so geht das nicht“.

4.
Du bist ein Spion, weil Du auch meinen Nachbarn gefragt hast

Ich antworte: „Ich will ein Business kaufen, wie soll ich ein Business kaufen, wenn ich nur Dich frage? Ich bin übrigens in Deutschland geboren und spiele nach den Regeln. Was Du mir sagst, bleibt unter uns.“

Er antwortet: „Du bist ein Spion, weil Du auch meine Nachbarn gefragt hast“. Ich habe nichts zu erwidern. Trotzdem kann ich irgendwo verstehen, dass Zahlen zum Problem werden können.

5.
Ich sage Dir nicht, wie viel ich mit meinem Business mache, aber ich werde mich über Dich lustig machen, wenn Du ein zu niedriges Angebot machst. Eigentlich geht es mir auch nur darum, mein Selbstwertgefühl zu steigern.

Ich war dumm genug, trotzdem ein Angebot zu machen

6.
Mein Business macht zurzeit xxx Euro, das lässt ich aber leicht steigern, daher will ich mehr, als mein Business zurzeit Wert ist.
Das stimmt meist, trotzdem muss man sich irgendwo treffen.

Hier hat man es meist mit einem erfolgreichen Unternehmer zu tun, mit dem man reden kann. Eine eiserne Regel: „Gibt 0 Info weiter, behalte alles für Dich, sonst bist Du tot“, denn über Zahlen spricht man nicht.

Diese Regel gilt übrigens für alle Typen, aber bei Typ 6 ist sie besonders wichtig.

Bei einigen überlege ich noch, da es sich nicht um 100 Euro dreht.

7.
„Du bist ein Spammer“

Ich könnte erwidern: „Spam ist nicht zielgerichtet, ich habe mir Deine Seite aber angeschaut, bevor ich Dich kontaktiert habe. Darüber hinaus habe ich Deine Email Adresse manuell recherchiert“. Im übrigen gefällt mir Deine Seite.

Ich erwidere aber nichts, weil die Antwort sein wird: „Du bist ein Spammer“. Wenn ich nochmals antworte, dass ich wirklich mit den besten Absichten angefragt habe, wird angegeben, dass ich irgendwo eine Weiterleitung übersehen habe (Anmerkung: ,weil ich gerade nicht konzentriert war.) Die nicht relevanten zwei Prozent werden hochgepuscht, die anderen 98 Prozent vernachlässigt.

8.
Ich bin super und Du bist ein Spammer! Außerdem haben meine Eltern Geld und ich habe bis auf meinen Blog nicht viel zu tun. Meine Einnahmen aus dem Blog belaufen sich auf 0 Euro, weil ich mich dem Verwertungssystem nicht unterwerfen möchte, da meine Eltern ja genug Geld haben.

Ich würde am liebsten antworten: „Du bist untalentiert und Dein Blog ist Scheiße“, halte aber besser den Mund.

9.
Ich will eigentlich nicht verkaufen, aber mein Blog ist eine Millionen wert und wenn Du mir zu wenig bietest, dann bist Du ein Spammer!

Warum bin ich so dämlich, auf solche Mails zu antworten? Verdammt noch mal!

10.
Wie viel bietest Du?
Ich: Xxx Euro.
Das ist zu wenig.
Ich: XXX könnten auch noch auf hochgehen.
No way
Ich: Kontaktiere mich, wenn Du verkaufen willst, schließlich werden wir alle älter. Vielleicht wirst Du weiser und ich älter und mache so viele Millionen, dass ich Dir das zahlen kann.

Dieser Typ hat meist Recht.

Mist jetzt ist es schon spät und ich möchte mich selber in diese Reihe einfügen:

ich: Du kannst mich / Dich in diese Reihe einfügen, ich möchte aber Nummer 13 sein, weil ich am 13. geboren wurde.

mein boss (ich): Dann füge ich Dich einfach als Nummer 13 ein, das merkt ja eh keiner.

Ich: Vielleicht merken es manche Leute, im übrigen möchte ich, dass Du die letzten drei Typen noch veröffentlichst.

mein boss (ich): na schön, aber nur weil Du es bist. Aber dann ist auch bald Schluss, Du musst Dich um andere Dinge kümmern. Und Deine Schnappidee mit der Verlosung wird eh niemand ernst nehmen.

ich: Danke, dass ich die Nummer 13 noch schreiben darf. Vielleicht meldet sich ja noch jemand mit einer guten Idee, man kann schließlich nie wissen.

13.
Ich lese die Anfrage und frage kurz nach: “Was bieten Sie?”. Auf die Frage, wieviele Besucher cremeschnitten.de im Monat hat, erwidere ich: “50 am Tag”.

Das Angebot von 200 Euro beantworte ich mit: “kein Interesse” und kümmere mich weiter um mein Tagesgeschäft.

Der Post ist noch nicht ganz fertig, ich werde morgen noch mal drüber nachdenken, wenn ich Zeit finde, vor allem die Typen 11. und 12 fehlen mir. Hat jemand vielleicht eine Idee?

dofollow case by case installiert

Also gut, ich habe dofollow case by case installiert. Der Grund ist einfach: Ich benutzte selbst Blogkommentare um den einen oder anderen Link einzuheimsen. Allerdings bleibe ich dabei aus meiner Sicht fair. Ich gehe nicht systematisch die dofollow Listen durch (die ich natürlich alle habe), sondern kommentiere nur, wenn ich wirklich etwas zu sagen habe. Darüber hinaus benutzte ich keine SEO Links, sondern meist nur meinen Namen oder Linktexte, die garantiert nicht gesucht werden. Ich sehe selber, wie SEO’s sich durch sinnvolle Kommentare einen Link abholen und kann dazu nur sagen: prima! Wir bloggen und wollen diskutieren und weiterkommen. Wenn man denn wirklich diskutiert.

Es gibt noch einen weiteres Argument, das ich so noch nirgends in dieser Form gesehen habe: wir wollen uns ja schließlich gegenseitig belohnen. Ich freue mich immer, wenn jemand auf eins meiner kleinen Projekte verlinkt und mir damit sagt: yup, schöner Content. Kommt leider selten vor, denn jeder SEO kennt die Regeln der Macht. Das gleiche gilt, wenn ich sehe, dass mein Kommentar angenommen wurde – mit Link. Heißt für mich a) Kommentar war fundiert und b) dein Blog ist einen Link Wert, auch wenn er nicht unbedingt in meinem Gebiet ist.

Meine E-Mail steht übrigens im Impressum: wer etwas Geistreiches posten will, soll mich einfach fragen und ich werde mich nicht lumpen lassen.

Ein weiterer Grund ist, dass ich mich langweile. Falls es zu schlimm werden sollte, dann kann ich ja immer noch diverse Spamabwehrtools installieren.

Einige Dinge möchte ich klarstellen:

– keine Anker mit umkämpften Suchbegriffen

– Kommentiert nur, wenn ihr was Sinnvolles zu sagen habt.

– wer meint, er kann hier über Araber lästern, liegt falsch. Ich bin dankbar darüber, dass ich in Ägypten Urlaub machen kann und meinen israelischen Paß nicht verstecken brauche. Ich bin froh, dass ich nach Petra in Jordanien fahren kann, wenn ich das will. Im Übrigen habe ich zulange in Deutschland gelebt, um nicht einige arabische Freunde zu haben.

– blauäugige Heulkommentare, dass wir den Palästinensern ihr Land abgenommen haben, lösche ich ebenfalls, denn ich weiß, dass jede vernünftige Argumentation am Ende mit “trotzdem” beendet wird. Das gleiche gilt für heuchlerische Kommentare über das israelische Militär. Nein, die IDF ist bestimmt nicht frei von Schuld, aber beten tue man in der Kirche und dort gehe ich nicht hin. Israel liegt nicht in Europa, wo wir alle von Krieg gründlich die Schnauze voll haben. Wer nicht versteht, dass hier andere Gesetzte gelten, kann sich auf linken Veranstaltungen ausheulen und anschließend sein Familientrauma analysieren.

– Letzteres heißt nicht, dass ich rückhaltlos hinter jeder Form von zionistischer Politik stehe. Vor allem amerikanische Siedler, die meinen, freiwillig ins Ghetto ziehen zu müssen (Siedlungen in der Westbank) widern mich an. In Israel geschehen Dinge, über die ich kotzen könnte, aber ich lebe hier, bin stolz darauf und versuche mich den Realitäten zu stellen.

acht Sekunden an einem israelischen Checkpoint

Folgende Geschichte habe ich gerade auf muqata.blogspot.com gelesen. Der Blogpost ist auf English und wurde von Jameel gepostet:


Dieser Blogpost basiert auf einem Interview, das am 19.05.2008 vom israelischen Armeerundfunk (Galei Tzahal) gesendet wurde. Interviewed wird der Kommandeur eines Checkpoints zu den palästinensischen Gebieten.

Der Kommandeur ist 22 Jahre alt, dient in der sogenannten Nachal Brigarde und berichtet von einem Vorfall, der sich innerhalb von acht Sekunden zutrug (sein Name wird nicht erwähnt):

Ein 16 Jahre alter Palästinenser (so alt sah er jedenfalls aus) näherte sich dem Checkpoint der israelischen Armee (IDF).

1 Sekunde

ein Soldat (Michal) bemerkt, dass der Junge nervös wirkt und sich ständig umschaut. Sein Hemd sieht ausgebeult aus.

2 Sekunden

Er geht durch den Metalldetektor und es piept. Michal fragt, warum sein Hemd ausgebeult ist.

3 Sekunden

Er zieht sein Hemd hoch – auf seinem Körper haften drei Bomben.

4 Sekunden

Michal schreit, “Bombe am Checkpoint” und alle Soldaten folgen den Anweisungen für terroristische Übergriffe auf Checkpoints. Der Checkpointkommandeur richtet eine M16 (ein Maschinengewehr) auf den Terroristen.

5 Sekunden

Michal schreit: “Hände über den Kopf und dort halten”.

6 Sekunden

Der Palästinenser hebt seine Hände, zögert, seine Hände zittern.

7 Sekunden

Seine Hände gehen wieder nach unten in Richtung der Bomben, die an seiner Brust haften.

Der Checkpoinkommandeur schießt ihm in den Kopf.

8 Sekunden

Der Terrorist beginnt zu fallen, seine Hände scheinen aber immer noch in Richtung der Bomben zu zucken. Der Kommandeur schießt drei weitere Salven in seinen Kopf und passt dabei auf nicht die Bomben zu treffen.

Resultat: keine toten Soldaten, ein getöteter Palästineser.

Acht Sekunden – es hätte anders ausgehen können.

Moses auf dem Berg Sinai

Schlimmer kann es nicht kommen: Moses hat sein eigenes Volk verkauft und gezwungen, 40 Jahre durch die Wüste zu irren. Ich finde das einfach nur zum kotzen und habe keinen Bock mehr auf diese lausigen Geschichten und vor allem keine Lust mehr auf die Interpretation von Raschi. Doch halt, eigentlich fing alles mit Pessach an:

Wen interessiert es, woher dieses dämliche Pessachfest herkommt und warum die Juden 40 Jahre durch die Wüste irren mussten? Mich! Selbst Schuld heißt die immer noch aktuelle Interpretation von Raschi aus dem Mittelalter. Gott hat uns Juden bestraft, weil wir das goldene Kalb angebetet haben. Daraufhin zerbrach Moses die Steintafeln mit den ersten 10 Geboten und ging wieder auf den Berg Sinai hoch.

Zu schnell? Ok, sorry. Das Volk Israel verließ – von Gott geleitet – die Sklaverei in Ägypten, um von Moses verkauft zu werden. So zumindest interpretiert es Raschi. Das Volk Israel verließ die ägyptische Sklaverei, nachdem Gott die Ägypter mittels der 10 Plagen dazu genötigt hatte. Vielmehr war es nur die letzte Plage, die Pharao überzeugte. Die ersten neun Plagen verfehlten ihre Wirkung. Erst als er jeden erstgeborenen Sohn tötet, war Pharao überzeugt. Die einzige Ausnahme war Pharao selbst. Das macht natürlich Sinn, es musste ja einen geben, der die Juden ziehen ließ. Eine Frau hätte niemals so viele Menschen umgebracht, ich leite daraus ab, dass Gott männlich ist, oder zumindest die Leute, die damals über Gott geschrieben haben.

Aus Gründen, die ich nicht recherchiert habe, durften die Juden kein gesäuertes Brot essen. Das wird heute zum Anlass genommen, Menschen wie mich in eine Depression zu stürzen: Depression wegen Kohlenhydratmangel. Während des Passahfestes darf kein gesäuertes Brot gegessen werden. Das schließt Nudeln, Brot, Bier und Hamburgerbrötchen ein. Natürlich auch Pizza.

Nun irgendwann mal sollte die Sache klar gemacht werden, der Bund mit Gott und Moses ging den Berg Sinai hoch. Er verbrachte eine lange Zeit dort oben und redete mit Gott. Dieser – so die Überlieferung – gab ihm die 10 Gebote und ne Menge drum herum, so z.B. dass man das Zicklein nicht in der Milch der Mutter kochen darf. Zu Deutsch – Fleisch und Milch dürfen nicht gemischt werden. Aber verkünden tat Moses das erst, als er zum zweiten Mal herunterkam. Denn das erste Mal missglückte laut Überlieferung:

Er ließ sich Zeit da oben bei seiner ersten Kontemplation. Das Volk war führungslos und bastelte ein goldenes Kalb. Vermutlich hatten sie Hunger oder wollten einfach mal wieder ein saftiges Steak statt Matzen essen. Moses kam dann irgendwann doch noch mal runter und war sauer. Warum habt ihr nicht an mich geglaubt? Warum verpönt Ihr Gott, während ich mit ihm spreche? Zerbrach die Tafeln mit den 10 Geboten und ging wieder hoch. Dabei war das Volk sich selbst überlassen und war einfach nur ein bisschen undiszipliniert. Die Führung verpisst sich ein paar Wochen einfach und erwartet, dass alles Friede Freude Eierkuchen ist, wenn sie zurückkommt. Moses war also in Wirklichkeit eine Frau. So überreagieren kann nur eine Frau.

Und hier wird es spannend.

Raschi interpretiert, dass Moses dort oben einen Deal mit Gott schloss. Das Volk Israel durfte ins heilige Land, aber nicht die Generation, die das goldene Kalb angebetet hatte. Wer ist Raschi? Schlomo ben Jizchak, auch Schelomo ben Isaak, einfach nur Raschi genannt.

Bibelforscher hatten sich vorher den Kopf zermartert, warum das Volk Israel so dämlich war, 40 Jahre für den kurzen Weg von Ägypten ins Land Kanaan zu brauchen. Dabei wurde es sogar von einem Engel geführt. In die Irre ganz offensichtlich. Eine harte Strafe für ein kleines goldenes Kalb oder einfach Lust auf ein saftiges Steak.

Dabei war Raschi einfach nur ein fleißiger Leser und brillanter Kopf. Er war der erste Kommentator, der diesen Sachverhalt herausstrich. Den Sachverhalt, dass das Volk Israel 40 Jahre durch die Wüste irren musste, damit die Generation, die das goldene Kalb angebetet hatte, stirbt und die ‘reine’ neue Generation ins gelobte mücken und malariaverseuchte Land einziehen kann.

Die Interpretation lag auf der Hand. Wieso brauchte das Volk Israel so lange für diesen Weg, den man in einigen Monaten hätte zurücklegen hätte können?

Warum dauerte es so lange, bis einer sie niederschrieb? Vielleicht, weil die Konsequenz dieser Interpretation so grauenerregend und menschenverachtend ist, dass man es dem heiligen Volk nicht zumuten konnte. Ich weiß es nicht. Jedenfalls scheinen sich bis heute nicht sehr viele Juden darüber zu beschweren.

Bevor ich 30 geworden bin, war ich stolz darauf diese Interpretation zu kennen. Mit 33 gab ich diese Geschichte einmal vor einem brillanten Immobilienmakler zum Besten. Er schaute mich nur an und sagte: “Don’t believe in this shit”. Mir wären fast die Augen aus dem Kopf gefallen. Ich war wie vom Donner gerührt. Ich sprach nicht mehr mit ihm darüber, aber ich bin mir sicher, dass er diesem Text bedingt zustimmen würde.

Mit einer kleinen Nuance. Es ist gut, dass das Volk daran glaubt, es ist schön gefügig und lässt sich weiter ausbeuten. Das wäre vermutlich seine Interpretation.

Moses kam also wieder runter – den feisten Deal geschlossen – und führte das Volk 40 Jahre im Kreis. Solange, bis sie alle gestorben waren und die ‘reine’ Generation das heilige Land Kanaan betreten durfte.

Scheiße, das nächste Mal kaufe ich mir vor dem Passahfest 20 Kilo Nudeln und ein halbes Schwein, das ich in fünf Litern Sahne kochen werde.

Merkel Knesset

Eigentlich mochte ich Angela Merkel noch nie so besonders. Heute hat sie dennoch mein Herz erobert. Und das Herz vieler Israelis. Nein, ich denke nicht, dass die histroische Tragweite mit “Ich bin ein Berliner” zu vergleichen ist. Dafür war Merkel doch ein wenig zu langatmig mit Ihrer Ansprache. Die großen Sätze dieser Geschichte sind kurz.

Nach der Arbeit habe ich eine kleine Tour durch Tel Aviv gemacht war in verschiedenen Kiosken. Gebannt schauten die Kioskbesitzer in die Röhre, viele wussten noch gar nicht, dass Merkel sich auch auf Hebräisch an die Knesset gewendet hatte. Die Reaktion war vor allem: Überraschung.

Angela Merkel hat mit hebräischer Eröffnung und hebräischem Schluss das Eis gebrochen. Soviel steht fest. Selbst moderate Israelis – vor solche, die kaum etwas mit Deutschland zu tun haben, geschweige denn etwas über Deutschland wissen, fanden es etwas befremdlich, dass in der Knesset Deutsch gesprochen werden sollte. Dass sich Angela Merkel vor der Knesset mit Kritik zurückhalten würde, war ohnehin klar. Aber Hebräisch war eine Überraschung und mehr – es war ein Friedensangebot an all die Kritiker und Aufrührer, die kein Deutsch in der Knesset hören wollten.

Auf der anderen Seite ist es unheimlich, dass die Kritik fast ausschließlich aus dem sehr rechten Lager kam. Es hatte fast den Anschein, dass Merkels Ankündigung, vor der Knesset auf Deutsch zu sprechen eher für rechte Parolen missbraucht wurde als dass sich eine wirklich fundamentale Kritik daran festmachen ließ. Das moderate rechte Lager kritisierte Merkels Entscheidung zwar ebenfalls im Vorfeld, schwieg dann aber nach Merkels Rede. Ich denke, nicht nur, weil jeder Schuss hier nach hinten losgegangen wäre. Nein, eigentlich war Merkel zu “hamud”, zu süß um beschossen zu werden.

Shimon Peres konnte sich ein kurzes Flackern mit den Augen zwar nicht verkneifen. Angesichts seines Alters lässt sich das aber hoffentlich verzeihen…

Damit hatte wohl keiner gerechnet. Mein Gefühl sagt mir, dass Angela Merkel einen Riesenfan in Israel hat – Zipi Livni. Ich würde gerne wissen, wer diese Idee hatte. Naja, mal sehen, ob Zipi es irgendwann einmal bis ganz nach oben schaffen wird.

morgendliche Stille

Ich drehte mich in meinem Bett um ein unbekannter Geruch drang in meine Nase. Nicht völlig unbekannt. Es war ein bisschen von Einats Geruch in meinem Bett übrig geblieben. Ich atmete erneut ein und fühlte mich wohl und unwohl zugleich. Ich wusste nicht, ob ich sie wieder in meinem Bett fühlen wollte oder nicht.

Nach dem Aufstehen überlegte ich, ob ich ausnahmsweise einen Kaffee trinken sollte, bevor ich das Haus verlies. Ich entschied mich dagegen und rauchte stattdessen zwei Zigaretten, schaute dabei aufs Meer. Tiefblau, bewegter als im Sommer, aber noch nicht stürmisch, wie es im Januar sein kann. Read more

Suchresultate für Jew auf google.com

In letzter Zeit kreisten in meinem Freundeskreis Petitionen gegen Webseiten, die für das keyword “Jew” auf google.com ganz vorne gelistet wurden. Es handelte sich um amerikanische Webseiten mit hetzerischen Inhalten gegen Juden. Allen voran ist die Seite jewwatch.com zu nennen, die scheinbar objektive Beweise für jüdische Weltverschwörungen bereitstellt.

Google hat nun eine Klarstellung veröffentlicht, diese kann man unter google.com/explanation.html nachlesen. Die Erklärung folgt dem Prinzip, dass google eine Maschine ist und Suchergebnisse inhaltlich nicht trennen kann. Ferner wird erklärt, dass die Suchergebnisse für “Jew” hetzerische Inhalte vorne listen, weil jüdische Organisationen den Begriff “Jew” sehr selten benutzen. Stattdessen werden Begriffe wie “Jewish people” benutzt. Read more

imaginärer Ritt auf der Dromedarkuh

Vom Hotel im Sinai aus ging es flugs in Richtung Norden, die Tauchplätze “the canyon”, “the bell” und “the blue hole” sind in der ganzen Welt berühmt und waren erstes Ziel meines Miniurlaubs in Ägypten. Wir fuhren mit einem Taxi, meint einen Pickup, wo unser Tauchgepäck hinten Platz hat und bis zu sechs Personen Platz finden. Auf der Fahrt zu “the bell” galoppierte eine Herde Dromedare vor uns her.

Ich war völlig verblüfft von der Schönheit der Tiere. Im Gegensatz zu Kamelen sind sie eher gräulich, haben ein kurzes Fell und elegante Beine. Darüber hinaus lächeln sie von Natur aus, die Lippen sind leicht nach oben gezogen und verleihen ihnen so eine natürliche Fröhlichkeit. Read more

Sonne in Israel

Gestern bin ich gegen 20 Uhr aus der Traininghalle raus und habe plötzlich leicht gefröstelt. Eine unglaubliche Erleichterung machte sich in meinem Körper breit. Baruch Hashem, es ist vorbei. Der Sommer ist vorbei.

Ich kann diesen ewig blauen Himmel nicht mehr sehen. Ich kann dieses ewig schöne Wetter nicht mehr ertragen. Bäh! Morgens Sonne, mittags Sonne und dann noch diese wunderbare Abendsonne. Der Sommer in Tel Aviv ist hart, voller Feuchtigkeit und Hitze. Read more